Virtuelle Betriebsratssitzung erlaubt
Ab sofort können Betriebsratssitzungen auch als Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden, unabhängig von den Corona-Infektionszahlen (§ 30 BetrVG). Auch Beschlüsse können auf diese Weise wirksam gefasst werden. Allerdings sollen, so sieht es das BetrVG vor, Präsenzsitzungen unverändert Vorrang haben. Zudem gibt es verschiedene weitere Einschränkungen: So sind virtuelle Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz grundsätzlich nur zulässig, wenn
- die Voraussetzungen dafür in der Geschäftsordnung des Betriebsrats unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind, was Arbeitgeber nicht verlangen können,
- nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats widerspricht un
- sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis erhalten können.
Auf diese Faktoren haben Arbeitgeber keinen Einfluss und die Arbeitsgerichte haben bereits bestätigt, dass der Betriebsrat ganz allein entscheiden kann, ob er virtuell oder in Präsenz zusammenkommt. Außerdem sind Sanktionen oder gar Kürzungen der Vergütung wegen der Teilnahme an einer virtuellen Betriebsratssitzung nicht erlaubt. Bevor Betriebe die Mitarbeitervertretung ihres Hauses motivieren, zukünftig mehr virtuell und weniger in Präsenz zusammenzukommen, sollten diese allerdings bedenken, dass der Betriebsrat und seine Mitglieder dann eine angemessene und sachgerechte technische Ausstattung verlangen können (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. 4. 2020, 15 TaBVGa 401/21; Hessisches LAG, Urteil vom 21.5.2021, 16 TaBvGa 79/21).
Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur
Vermutlich wird es etwas dauern, bis eine weitere Neuerung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes anerkannt und genutzt wird, dennoch hält die virtuelle Welt auch an anderer Stelle Einzug ins BetrVG: Nunmehr können Betriebsvereinbarungen unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossen werden (§ 7 Abs. 2 BetrVG). Gleiches gilt auch für Interessenausgleich und Sozialplan (§ 112 Abs. 1 BetrVG) sowie im Einigungsstellenverfahren. Der formelle Abschluss von Betriebsvereinbarungen kann auf diese Weise v. a. in Unternehmen mit mehreren Betriebssitzen oder bei intensiver Nutzung von Homeoffice oder mobiler Arbeit vereinfacht und beschleunigt werden.
Erforderlich dafür ist die technische Nutzungsmöglichkeit einer anerkannten elektronischen Signatur.
Erweiterte Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz enthält auch eine Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, die Arbeitgeber beachten müssen. Zunächst besteht ab sofort ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit mittels Informations- und Kommunikationstechnik (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG).
Die unternehmerische Entscheidung, ob mobile Arbeit eingeführt wird, treffen Arbeitgeber unverändert allein. Nur bei der Ausgestaltung, z. B. wann, für wen und für wie lange mobiles Arbeiten eingeführt wird, ist der Betriebsrat nun immer zu beteiligen.
Auch beim Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgeweitet worden:
- Der Betriebsrat kann ohne Weiteres einen Sachverständigen auf Kosten des Arbeitgebers hinzuziehen, wenn er die Einführung oder Anwendung von KI beurteilen muss (§ 80 Abs. 3 BetrVG).
- Es bestehen erweiterte Unterrichtungs- und Beratungsrechte bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen, wenn der Einsatz von KI im Betrieb vorgesehen ist (§ 90 Abs. 1 S. 3 BetrVG).
- Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder auch nur mit Unterstützung von KI erstellt werden (§ 95 Abs. 2a BetrVG).
Datenschutz
Keine Gesetzesänderung ohne Datenschutzaspekte, wenngleich die erfolgte Klarstellung aus Praxisgründen zu begrüßen ist: Es ist nun verbindlich geregelt, dass der Arbeitgeber bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat der Verantwortliche für die Verarbeitung im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist, soweit die Verarbeitung durch den Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben erfolgt (§ 79a BetrVG).
Der betriebliche Datenschutzbeauftragte ist auch für die Kontrolle der Datenverarbeitung durch den Betriebsrat zuständig, allerdings gegenüber dem Arbeitgeber zu besonderer Verschwiegenheit verpflichtet. Dateninhalte dürfen in keinem Fall weitergegeben werden.
Mitbestimmung in Unternehmen modernisiert
Digitalisierung in der Betriebsratsarbeit
Das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz trägt auch den neuen digitalen Anforderungen an die Betriebsratsarbeit Rechnung, inwieweit - auch unabhängig von Corona-Infektionszahlen - virtuelle Sitzungen erlaubt, wo Mitbestimmungsrechte durch die Digitalisierung betroffen oder welche Datenschutzaspekte zu beachten sind.