Änderungen im BTHG für Arbeitgeber
Nach den bisherigen Regelungen galt, dass eine Schwerbehinderung immer erst ab Antragstellung zur Feststellung des Grades einer Behinderung zu berücksichtigen war. Zukünftig kann die Feststellung über den Grad der Behinderung auch rückwirkend ab einem früheren Datum anerkannt werden, wenn eine Behinderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat und ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird.
Wann ein solches besonderes Interesse vorliegen soll, ergibt sich aus § 152 SGB IX n.F. leider nicht. Diese Frage wird sicher noch die Gerichte beschäftigen. Für den Fall der Kündigung eines Beschäftigungsverhältnisses können sich damit kaum absehbare Konsequenzen ergeben, wenn der betroffene Mitarbeiter noch nach Ausspruch einer Kündigung die Feststellung einer Behinderung beantragen kann.
Betriebe, die Integrationsprojekte durchführen, heißen ab 1. Januar 2018 Inklusionsbetriebe. Dabei handelt es sich nach wie vor um Unternehmen, die schwerbehinderte Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen beschäftigen. Ein Unternehmen gilt jedoch erst dann als Inklusionsbetrieb, wenn dort mindestens 30 Prozent – statt bisher 25 Prozent – und in der Regel höchstens 50 Prozent schwerbehinderte Menschen beschäftigt werden. Zukünftig können auch langzeitarbeitslose schwerbehinderte Menschen, wenn sie länger als ein Jahr arbeitslos sind, in Inklusionsbetrieben beschäftigt werden.
Zukünftig kann die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung schon in Betrieben, in denen mehr als 100 schwerbehinderte Menschen beschäftigt werden, eine Freistellung von ihrer Tätigkeit verlangen. Bisher lag die Grenze bei 200 schwerbehinderten Beschäftigten. Zu bestimmten Aufgaben, die das Gesetz nicht näher definiert, kann sie eine Stellvertretung hinzuziehen, ab 200 schwerbehinderten Beschäftigten auch eine zweite Vertretung. Neben einem Freistellungsanspruch für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen hat die Schwerbehindertenvertretung zudem einen Anspruch auf gleiche Ausstattung mit Sachmitteln und Räumlichkeiten wie der Betriebs- oder Personalrat.
Zukünftig haben Sie, unabhängig von Betriebsgröße und der Anzahl der bei Ihnen beschäftigten schwerbehinderten Menschen, statt des Arbeitgeberbeauftragten einen Inklusionsbeauftragten zu bestellen. Dieser sollte möglichst selbst ein schwerbehinderter Mensch sein. Der Beauftragte vertritt Sie als Arbeitgeber nach außen und hat darauf zu achten, dass die gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den schwerbehinderten Mitarbeitern erfüllt werden. Dazu arbeitet der Beauftragte eng mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebs- und Personalrat sowie externen Institutionen wie dem Integrationsamt und der Agentur für Arbeit zusammen.
Besonders zu beachten ist die Ausweitung des Verfahrens bei einer Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer. Neben dem bereits bestehenden besonderen Kündigungsschutz schafft das BTHG eine weitere Hürde vor einer Kündigung, die durch § 178 Absatz 2 Satz 3 SGB IX aufgestellt wird: Bereits seit 1. Januar 2017 gilt nämlich, dass vor Ausspruch einer Kündigung eines schwerbehinderten Menschen die ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zwingend erforderlich ist – anderenfalls ist die Kündigung, gleich aus welchem Grunde, unwirksam.
Das BTHG regelt nicht, in welcher Form die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen ist oder ob ihr eine Frist zur Stellungnahme einzuräumen ist. Vor diesem Hintergrund kann, solange keine klärenden Gerichtsentscheidungen vorliegen, nur angeraten werden, keine Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers auszusprechen, bevor sich die Schwerbehindertenvertretung in irgendeiner Weise geäußert hat. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, über das Beteiligungsverfahren eine Vereinbarung abzuschließen. Eine Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung zur Kündigung ist aber nicht erforderlich.
Das BTHG ändert nichts daran, dass Arbeitgeber, die jahresdurchschnittlich wenigstens 20 Mitarbeiter (ohne Auszubildende) beschäftigen, auf mindestens fünf Prozent dieser Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen einsetzen müssen. Anderenfalls ist eine Ausgleichsabgabe zu zahlen. Diese wurde nun angehoben und beträgt zukünftig, je nach Beschäftigungsquote, 125, 220 oder 320 EUR für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz, der eigentlich mit einem Schwerbehinderten besetzt werden müsste.
Durch das BTHG werden für Menschen mit einer Behinderung Alternativen geschaffen. Statt ausnahmslos in einer Behindertenwerkstatt zu arbeiten, werden Wahlmöglichkeiten angeboten, um zu einem anderen Leistungsanbieter oder auch auf den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln.
Wenn Sie als Arbeitgeber Menschen mit einer schweren Behinderung einstellen, können Sie zum Ausgleich über das sogenannte Budget für Arbeit Lohnkostenzuschüsse von bis zu 75 Prozent erhalten. Dabei darf eine Obergrenze von 40 Prozent der jeweils geltenden monatlichen Bezugsgröße (West) nicht überschritten werden. (Für 2017 wäre der Zuschuss bei 1.190 EUR gedeckelt.) Eine Abweichung nach oben ist jedoch durch landesrechtliche Regelungen möglich. Diese Fördermöglichkeit gilt zukünftig bundesweit statt wie bisher nur in einigen Bundesländern.
Ansprechpartner soll immer die Behörde sein, die auch für die Leistungen zur Beschäftigung im Arbeitsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen zuständig ist. In der Regel ist das der Träger der Eingliederungshilfe, der für Sie als Arbeitgeber auch den Lohnkostenzuschuss erbringt.
Definition Grad der Behinderung (GdB)
Der GdB kann zwischen 20 und 100 variieren. Er wird in Zehnerschritten gestaffelt. Irrtümlich wird der GdB oft in Prozent angegeben, also zum Beispiel „Ich habe einen GdB von 50 Prozent“. Dies ist nicht korrekt, richtig wäre: „Ich habe einen GdB von 50“. Eine Behinderung ab einem GdB von 50 gilt als Schwerbehinderung. In diesem Fall kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden, in den der GdB und gegebenenfalls die entsprechenden Merkzeichen eingetragen werden. Diese bedeuten im Einzelnen:
- G: Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt (gehbehindert)
- aG: außergewöhnliche Gehbehinderung
- H: Hilflos
- Bl: Blind
- Gl: Gehörlos
- TBl: Taubblind (neu eingeführt am 30. Dezember 2016)
- B: Berechtigt zur Mitnahme einer Begleitperson
- RF: Rundfunkbeitragsermäßigung und Telefongebührenermäßigung möglich
- 1. Kl: Berechtigt zur Nutzung der ersten Klasse der Deutschen Bahn mit Fahrkarte für die zweite Klasse (nur bei Versorgungsempfängern nach Bundesversorgungsgesetz oder Bundesentschädigungsgesetz)
Quelle: Sozialverband VdK Deutschland e.V.
Inklusion im Betrieb
Änderungen im Schwerbehindertenrecht
Ein Kernstück des BTHG werden die Änderungen im Schwerbehindertenrecht sein, welches durch die Reformstufe 2 zukünftig in §§ 151 bis 241 des neu gefassten SGB IX zu finden sein wird, wobei einige Punkte bereits seit dem 1. Januar 2017 gelten.